Paul Mendelssohn Bartholdy der Ältere

Der Konzerngründer
1841
1880

Vater: Felix Mendelssohn Bartholdy

Mutter: Cecile Mendelssohn Bartholdy

Geschwister: Fanny Hensel, Rebecka Lejeune Dirichlet, Paul Mendelssohn-Bartholdy


Der Weg zum Gründer eines der größten deutschen Chemieunternehmen war Paul Mendelssohn Bartholdy nicht in die Wiege gelegt. Früh verlor er beide Eltern. Seine Musikbegeisterung, die ihn zum Beethoven-Anhänger werden ließ, blieb ein Hobby und eröffnete keine beruflichen Optionen. Die Karriere als Maler, die ihm angesichts seines zeichnerischen Talents offenstand, wollte er nicht einschlagen, er verließ die Schule vor dem Abitur und begann im Alter von 16 Jahren eine kaufmännische Ausbildung. Diese füllte ihn ebenfalls nicht aus. Er schloß sie ab, holte aber gleichzeitig sein Abitur nach, um anschließend Naturwissenschaften an den Universitäten Heidelberg und Göttingen zu studieren. Besonders interessierten ihn die chemischen und physikalischen Fächer, Robert Wilhelm Bunsen war sein bevorzugter Lehrer. Nebenher betätigte er sich in der Burschenschaft Allemania, war ein begabter Turner und Fechter, ließ sich dadurch aber „nicht von der richtigen Bahn ablenken“, wie es ein Kollege später formulierte.

Nach dem Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger 1863/64 machte sich Mendelssohn Bartholdy als Mitarbeiter eines Forschungslabors mit dem sich neu entwickelnden Forschungszweig der organischen Chemie vertraut. Hier lernte er seinen späteren Geschäftspartner Carl Alexander Martius kennen. Nur anderthalb Jahre verbrachte er an seiner ersten Arbeitsstelle, dann brach der preußisch-österreichische Krieg aus. Der junge Chemiker wurde eingezogen und nahm unter anderem an der entscheidenden Schlacht von Königgrätz teil.

Spektrograph zur Untersuchung der Eigenschaften von Kristallen aus dem Besitz von Paul Mendelssohn Bartholdy. Staatsbibliothek zu Berlin PK, Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv, MA BA 355
Spektrograph zur Untersuchung der Eigenschaften von Kristallen aus dem Besitz von Paul Mendelssohn Bartholdy. Staatsbibliothek zu Berlin PK, Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv, MA BA 355

Nach Kriegsende beschlossen Mendelssohn Bartholdy und sein Kollege Martius, die Möglichkeiten zu nutzen, die der wissenschaftliche Fortschritt in ihrem Fach eröffnete, und eine eigene Firma zu gründen, die Grundstoffe für synthetische Farben, vor allem Anilinöl und Mirbanöl, herstellen sollte. Ersteres gab dem Unternehmen den Namen: Gesellschaft für Anilinfabrikation. Ein Gelände vor den Toren Berlins, in Rummelsburg an der Spree, wurde gekauft, wo die Fabrikationsräume, Laborräume, Lagerräume, ein Maschinen- und ein Kesselhaus, entstanden. Den damaligen Gepflogenheiten entsprechend eröffnete die Selbständigkeit einem Mann auch die Möglichkeit, standesgemäß zu heiraten. Paul Mendelssohn Bartholdy wählte Elisabeth („Else“) Oppenheim, eine Enkelin seines Großonkels Alexander Mendelssohn – wodurch der Sohn Otto zweifacher Nachkomme Moses Mendelssohns war. Die junge Frau starb aber bald nach der Geburt des Kindes an Typhus, woraufhin sich Mendelsohn Bartholdy, um dem Schmerz auszuweichen, desto engagierter seiner Firma widmete.

Die Anilin-Strukturformel, Abbildung: gemeinfrei
Die Anilin-Strukturformel, Abbildung: gemeinfrei
Paul Mendelssohn Bartholdy in der Uniform der Landwehr-Kavallerie während des Deutsch-Französischen Krieges. Abbildung: Privatbesitz
Paul Mendelssohn Bartholdy in der Uniform der Landwehr-Kavallerie während des Deutsch-Französischen Krieges. Abbildung: Privatbesitz

1870/71, beim Deutsch-Französischen Krieg, wurde der Chemiker erneut zum Militär eingezogen, während sein Geschäftspartner Martius das Unternehmen weiterführte und ihm regelmäßig berichtete. Ein Jahr später, 1872, kauften die beiden Chemiker die nahegelegene Chemische Fabrik Dr. Jordan. Die Firmen verschmolzen 1873 zur Actien-Gesellschaft für Anilin-Fabrication, die fortan auch Anilinfarben produzierte, schnell zum größten Chemieunternehmen Norddeutschlands aufstieg und später unter dem Kürzel Agfa bekannt wurde.

Gelände der Anilin-Fabrik in Rummelsburg bei Berlin, 1877, Abbildung: Privatbesitz
Gelände der Anilin-Fabrik in Rummelsburg bei Berlin, 1877, Abbildung: Privatbesitz
»Er gehörte zu den Glücklichen, welche sich die Zuneigung der Menschen nicht zu erobern brauchen, denen sie auf halbem Wege entgegengebracht wird. In seiner Persönlichkeit kam bei aller Vornehmheit der Erscheinung ein Zug des Wohlwollens zur Geltung, welcher unbedingtes Vertrauen erweckte.«
Nachruf des Kollegen August Wilhelm von Hofmann

1873 heiratete Mendelssohn Bartholdy ein zweites Mal, diesmal Enole Oppenheim, die jüngere Schwester seiner ersten Frau. Doch auch dieses neue Familienglück währte nicht lange. Es machte sich bei ihm eine Herzkrankheit bemerkbar, und 1880 erlag Paul Mendelssohn Bartholdy im Alter von 39 Jahren einem Herzinfarkt. Er war nur wenige Monate älter als sein Vater geworden.

1729
1786
Moses Mendelssohn
Der Jude von Berlin
1874
1964
Marie Baum
Die Frau der Neuen Zeit
1874
1936
Albrecht Mendelssohn Bartholdy
Der Aufklärer